Rückgabe gestohlenen Geldes, wenn der Besitzer nicht erreichbar ist

Frage

Ich habe gewisse Leute bestohlen. Jetzt habe ich es bereut, aber ich weiß nicht, wo sie wohnen. Jemand könnte sagen: „Ich habe Geld von einer Firma unterschlagen, die ihren Betrieb eingestellt hat.“ Oder noch jemand könnte sagen: „Ich habe Material von einem Unternehmen gestohlen, das seinen Standort verlegt hat.“ Was soll ich jetzt tun?

Antwort

Lob sei Allah, und Segen und Frieden seien auf dem Gesandten Allahs. Weiter geht's:

In all diesen Fällen obliegt es euch, im Rahmen eurer Möglichkeiten nach ihnen zu suchen. Wenn ihr sie findet, gebt ihnen ihr Recht zurück. Sind der oder die Eigentümer verstorben, so sollten ihre Rechte an ihre unmittelbaren Angehörigen zurückgegeben werden. Könnt ihr sie jedoch nicht finden, so spendet für sie den gleichen Betrag. Allah wird ihnen den Lohn dafür geben. Und wenn sie Ungläubige sind, wird Allah sie auf die eine oder andere Weise schon in dieser Welt entschädigen, da es im Jenseits keine Belohnung für Ungläubige gibt.

Dies ähnelt der Geschichte, die Ibn ul-Qayyim in seinem Madarij Al-Salikin (1/388) niedergeschrieben hat. Er berichtet, dass ein Soldat eines muslimischen Regiments ghalla [d. h. aus al-ghaneema (der Kriegsbeute) stahl]. Nach einiger Zeit bereute er es und nahm das Gestohlene mit und meldete es dem Regimentskommandeur. Doch der Kommandant weigerte sich, es zurückzunehmen und sagte: „Und wie soll ich das den Soldaten zurückgeben [da sie sich zerstreut haben]?“ Daraufhin ging der Mann zu einem Gelehrten – Hajjaj bin al-Sha'ir [um Rat zu suchen]. Hajjaj sagte zu ihm: „Hör zu! Allah kennt die Armee, um die es geht, und den Namen und die Herkunft jedes Soldaten. Schicke ein Fünftel des Betrags demjenigen, dem ein Fünftel zusteht (hiermit ist das Bait ul-Maal gemeint, die zentrale Schatzkammer der islamischen Regierung, in der Geld für wohltätige Zwecke aufbewahrt wird und die ein Fünftel der gesamten Kriegsbeute erhält), und gib den Rest in ihrem Namen für wohltätige Zwecke aus, und Allah wird es ihnen zukommen lassen.“ Der Mann tat dies. Und als die Nachricht Mu'awiyya bin Sufyan [den damaligen Kalifen] erreichte, sagte er: „Dass ich der Mann war, der dieses Urteil fällte, ist mir lieber als die Hälfte dessen, worüber ich herrsche.“ Auch Imam Ibn Taymiyya fällte ein ähnliches Urteil. (Siehe Madarij)

Quelle:

Auszüge aus dem Buch „Ich möchte Buße tun, ABER...“

Link zur originalen Fatwa auf Englisch.
Fatwa Nummer: 98